Presseartikel

28 November 2019

Interview: Schallmagazin Herbst 2019

Hippies des 21. Jahrhunderts

Zwischen Anarchie und Heilung leben Taming the Shrew

Warum benennt sich eine moderne, emanzipierte Rockband, noch dazu mit wild-euphorischer Sängerin an der Front, nach der vermeintlich Frauen verachtenden Komödie „Der Widerspenstigen Zähmung“? Taming The Shrew-Vokalistin Daniela Liebl ist um keine Antwort verlegen: „Als meine vier Jungs von der Band mir vor rund sechs Jahren bei Gründung unserer Formation vorgeschlagen haben, dass wir uns nach dieser Schnurre benennen sollen, dachte ich erst, die wollen mich vorführen“, lacht Liebl schallend. „Aber als ich mich näher mit der Geschichte beschäftigt habe, wurde mir bewusst, dass es Shakespeare nicht um Frauenverachtung geht, sondern letztlich um Anarchie pur, um das Wildsein per se. Darum geht es uns als Band auch. Deshalb konnte ich diesem Namen problemlos zustimmen.“

Taming The Shrew sind tief verwurzelt in der Hippie-Szene der späten 60er und frühen 70er: The Doors, |efferson Airplane, Cream und wie sie sonst so alle heißen mögen, die Epigonen der sogenannten Woodstock-Generation. Daniela „Dani“ Liebl steht im Mittelpunkt des Bühnengeschehens, ist eine Art Wiedergängerin von Grace Slick, fanis |oplin oder auch der Shocking Blue-Beatikone Mariska Veres. “ Ich selbst mag in Regensburg leben, stamme aber aus dem Bayerischen Wald, also aus der tiefsten Provinz“,lacht die 35-Jährige. „Zwar gibt es hier in der Oberpfalz eine kleine, dennoch feine Musikszene, doch daran orientieren wir uns musikalisch nicht. Tatsächlich sind Janis Joplin oder meinetwegen Amy Winehouse die großen Vorbilder.“

Ihr Album „Cure“ ist der folgerichtige zweite Streich, denn schon das Debüt „Heartbeatspoetry“ verlor sich tief in voluminösem Blues-Rock á la Chicken Shack oder psychedelischen Folk-Klängen á la The Incredible String Band. Dazu gab und gibt es intelligente wie intensive Texte, durchgehend von Frontfrau Dani. „Es geht viel um Spirituelles, das ist eben so“, bekennt sie. „Die innere und äußere Welt gehen bei mir Hand in Hand. Klingt verrückt – aber ich möchte, dass unsere Lieder den Hörer heilen.“

Hauptkomponist der Stücke des Fünfers ist neben Liebl Gitarrist Josef Zweck. Der ist nicht nur der Mann am Sechssaiter, sondern gleichzeitig auch Lebensgefährte der Singer-Songwriterin. „Wir beide“, freut sich Liebl, „sind ein ziemlich leidenschaftliches, impulsives Paar. Wir lieben das Drama! Weshalb wir mit diesem Hippie-Stoff zu tun haben. Wir tragen ziemlich viel Wahnwitz in die Band hinein. Aber ich denke und hoffe, es ist positiver Wahnwitz. Wir überzeugen die anderen drei gerne davon, dass wir gemeinsam experimentier- und spielfreudig sein müssen. Das klappt in der Regel recht gut.“ Wenn Liebl zwischen dem Erstling und der aktuellen Produktion unterscheiden soll, worin gibt es ihrer Ansicht nach die gravierenden Unterschiede? „Das erste Ding war poppiger, ein wenig zaghaft“, ist sie überzeugt. „Wir wussten damals noch nicht wirklich, wohin die akustische Reise gehen soll. Auf ,Cure‘ sind wir dort angelangt, wohin wir eigentlich seit jeher hin wollten.“ (Michael Fuchs-Gamböck)

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