Album Kritik: MINT Magazin, Ausgabe Januar 2020
Nach einem Besetzungswechsel stehen Taming The Shrew voll im Saft und ganzplötzlich im vorderen Drittel der Retro-Rock-Szene. Die Regensburger bleiben dem Blues auf ihrem zweiten Album zwar verhaftet, doch eine stilistische Öffnung nach außen ist nicht von der Hand zu weisen. Das Titelstück, Breathe und Her Name – die drei längsten Stücke auf Cure – markieren ihre bis dato deutlichsten Bekenntnisse zum traditionellen Progressive Rock, wobei Sängerin, Texterin und Co-Komponistin Daniela Liebl weiterhin als wertvollster Posten im Brennpunkt steht. Ihre Stimme verfügt über eine Strahlkraft, die mit der von Wucans Francis Tobolsky oder Wolvespirits Deborah Craft vergleichbar ist, anders als die beiden Genannten neigt sie jedoch nicht zu exaltierten Gesten, als gelte es, Janis Joplin nachzueifern. Darum wirkt die Platte angenehm unaufgeregt, statt krampfhaft auf Vintage gebürstet. Das Bild einer Studie in klassischer Rockkomposition bestätigt sich auch darin, dass Orgelparts bei Taming The Shrew die gleiche Rolle einnehmen wie auf den prägenden Alben von Deep Purple oder Uriah Heep – virtuos, aber dem Song dienend mit einem Anspruch auf Zeitlosigkeit. Dazu passen auch der textliche Rahmen (Aufbruch, Sinnsuche) und die Schwarzweißzeichnung auf dem Cover, die die dicke Kartonhülle ziert. Die etwas schwerere, fehlerlos gefertigte LP garantiert dank Innenfutter ungetrübte Hörfreude inklusive analoger Wärme. ANDREAS SCHIFFMANN